Millionen-Geschenk an Gentech-Industrie, Herr McAllister?

Am Vormittag protestierten Greenpeace-Aktivisten mit einem zwei Meter großen „Geschenk“ vor der niedersächsischen Staatskanzlei und prangerten die massive Förderung der Gentechnik in der Landwirtschaft durch die schwarz-gelbe Landesregierung an. Internen Unterlagen zu Folge ist eine Ausdehnung des umstrittenen Schul-Modellprojekts HannoverGEN auf ganz Niedersachsen geplant. Die Kosten dafür belaufen sich auf über 13 Millionen Euro. Die Landesregierung muss daher endlich Klartext reden und offene Fragen beantworten.

+++ UPDATE | Bis zuletzt verweigerte uns das Kultus- und Landwirtschaftsministerium eine Stellungsnahme zu HannoverGEN. Um offene Fragen zu klären, stellten wir am 02.11.2012 eine schriftliche Anfrage an die beiden Ministerien und Ministerpräsident McAllister (CDU). Eine Antwort wurde allerdings mehrmals verschoben: zuerst auf Dezember 2012; es folgte eine erneute Verschiebung auf Mitte Januar. Letztlich erreichte uns erst am 09.02.2013, also ca. drei Wochen nach der verlorenen Landtagswahl, ein Antwortschreiben vom scheidenden Landwirtschaftsminister Lindemann (CDU). Demnach hat das Projekt z.B. Gesamtkosten von über 1,16 Mio. Euro verursacht. Leider ist die Antwort unvollständig, offene Fragen bleiben.

Die CDU hatte sich im Wahlkampf als einzige Partei uneingeschränkt für das Gentechnik-Schulprojekt ausgesprochen (siehe „Wahlkompass Niedersachsen„). Im rot-grünen Koalitionsvertrag ist nun festgeschrieben, dass das Projekt beendet werden soll. Diese klare und verantwortungsvolle Positionierung ist erfreulich, denn einseitige Akzeptanzbeschaffung hat an Schulen nichts zu suchen +++

Ministerpräsident McAllister war allerdings leider an diesem Vormittag nicht anwesend. Daher taten wir unser Anliegen gegenüber Herrn Dr. Wilk kund (Ministerialdirigent / Abteilungsleiter Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung) und forderten die Landesregierung erneut dazu auf, noch vor der Landtagswahl für Klarheit zu sorgen.

Aussitzen statt Klärung von offenen Fragen

Anfang Oktober 2012 hatte Greenpeace Hannover zusammen mit dem Bündnis Gentechnikfreie Landwirtschaft Nds, HB, HH auf einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Evaluation von HannoverGEN vorgestellt. In einer vom Bündnis in Auftrag gegebenen Hintergrundstudie kam der Umweltchemiker und Biologe Dr. Heribert Wefers zu dem Schluss, dass das Projekt den Ansprüchen nach Ausgewogenheit und Sachlichkeit nicht gerecht wird. Eine umfassende Analyse der Unterrichtsmaterialien hatte ergeben, dass die Schulmaterialien einseitig und zum Teil sogar suggestiv manipulativ gestaltet sind.

„Alle bisher vorliegenden Informationen legen nahe: Das Projekt HannoverGEN dient allein der Akzeptanzbeschaffung und soll die Gentechnik in der Landwirtschaft hoffähig machen. Statt Steuergelder in ausgewogene Bildung zu investieren, verschenkt die Landesregierung indirekt Millionen an die Gentechnik-Industrie,“ sagt David Petersen von Greenpeace Hannover. Eine Anfang November schriftlich gestellte Anfrage an Ministerpräsident McAllister und den verantwortlichen niedersächsischen Landwirtschafts- und Kultusminister, mit der Bitte um eine Stellungsnahme und Klärung offener Fragen, ist bis heute unbeantwortet geblieben. „Offensichtlich fürchtet die Landesregierung den Verlust wertvoller Wählerstimmen und versucht, das Thema auszusitzen;“ so Petersen. Laut einer Forsa-Umfrage vom Juni 2012 lehnt 83 Prozent der deutschen Bevölkerung gentechnisch-veränderte Lebensmittel ab.

Inhaltlich einseitig und in der Verhältnismäßigkeit fragwürdig

Nach Aussagen der Stadt Hannover werden die Gentechnik-Labore nicht für den Regelunterricht der Stützpunktschulen genutzt. Die Labortage sind nur für Schülerinnen und Schüler ab der 10.Klasse geeignet. Wegen der aufwendigen Betreuung in den vier hannoverschen Laboren, gibt es laut HannoverGEN jeweils nur einen Labortag pro Woche.

Nicht nur inhaltlich ist dieses Projekt einseitig, sondern auch in seiner Verhältnismäßigkeit höchst fragwürdig konzipiert“, stellt David Petersen fest, „Moderner Unterricht und die Förderung ethischer Bewertungskompetenzen sind wichtige Komponenten für eine zukunftsfähige Bildung. HannoverGEN wurde jedoch von Anfang an einseitig ausgelegt und stellt damit eine Verschwendung von Steuergeldern dar. Das Kultusministerium hat es bisher nicht geschafft, eine ausgewogene und umfassende Bildung sicherzustellen. McAllister muss nun endlich die nötige Konsequenz ziehen und HannoverGEN stoppen.“

Das Modellprojekt „HannoverGEN“ wurde 2008 vom damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) initiiert und federführend vom gentechnikfreundlichen Landwirtschaftsministerium betreut. Seit Ende 2008 sind Gentechnik-Labore an vier hannoverschen Stützpunktschulen in Betrieb. Das Projekt verursachte bisher Kosten von über eine Millionen Euro. Nach der Landtagswahl im Januar 2013 soll über eine Ausdehnung des Projekts mit einem Budget von möglicherweise über 13 Millionen Euro entschieden werden. Demnach würden aus Steuergeldern in 50 niedersächsischen Schulen entsprechende Labore eingerichtet werden.

Hintergrund: HannoverGEN

Weiterführende Informationen: